Hautflora
Das Hautmikrobiom und seine Beeinflussung durch kosmetische Inhaltsstoffe sind von zunehmendem Interesse für die Kosmetikindustrie. Die Verwendung von Mikroorganismen-basierten Inhaltsstoffen zur Förderung einer gesunden Hautflora gewinnt an Bedeutung. Das Gleichgewicht der auf der Haut lebenden Mikroorganismen wird durch probiotische Lysate positiv beeinflusst. Das Hautmikrobiom spielt eine grundlegende Rolle für die Hautgesundheit, und beide interagieren in einer engen Beziehung.
Die Pflege der Hautflora ist ein aufkommendes Thema in der Kosmetik. Eine steigende Anzahl von Marken bringt Produkte auf den Markt, die positive Effekte auf das Hautflora versprechen und Inhaltsstoffe mikrobiologischen Ursprungs enthalten. Einige Marken bewerben sogar die Anwesenheit lebender Bakterien, die förderlich für das Mikrobiom sind. Sowohl Rohstoff- als auch Wirkstoffhersteller schließen sich dieser Entwicklung an und bieten „probiotische“ und „präbiotische“ Inhaltsstoffe an.
Macht Mikrobiom Hautpflege Sinn?
Bei Betrachtung der Verwendung probiotischer Lysate in der Hautpflege ist die Antwort eindeutig positiv. Der Erfolg dieser Lysate in der Industrie betont ihre kosmetische Relevanz, und ihr Nutzen für die Haut wird durch eine zunehmende Anzahl wissenschaftlicher Studien bestätigt. Die Zufriedenheit der Verbraucher mit probiotischen Bakterien-Lysaten scheint somit auf einer fundierten wissenschaftlichen Basis zu beruhen.
Was ist die Hautflora?
Die Hautflora ist das komplexe Ökosystem von Mikroorganismen, das die äußere Oberfläche unseres Körpers besiedelt. Um den Erfolg der Verwendung probiotischer Lysate und anderer Wirkstoffe in der Hautpflege zu verstehen, müssen wir die Bedeutung dieses Mikrobioms erkennen. Unser Körper, innen und außen, ist von einer Vielzahl von Mikroorganismen besiedelt, was uns dazu veranlassen könnte, statt von „Homo sapiens“ genauso gut von „Homo microbiens“ zu sprechen. Für jede menschliche Zelle gibt es ein bis zehn Mikroorganismen, die entweder auf uns leben oder in Symbiose mit uns existieren. Von diesen ist nur ein Prozent pathogen, während 99 Prozent unseren Körper unterstützen oder mit ihm in Harmonie leben. Die Haut profitiert von ihrem Mikrobiom, während das Mikrobiom seinerseits von der Haut profitiert. Diese wechselseitige Abhängigkeit ist entscheidend für unser Überleben und stellt eine wahre Symbiose dar, in der beide Seiten voneinander abhängig sind.
Auf der Haut existieren Hunderte verschiedener Arten von Mikroorganismen, was die enorme Vielfalt der Hautflora verdeutlicht. Die Vielfalt spiegelt sich in den verschiedenen Hautzonen wider: Die Gesichtshaut ist reich an Talgdrüsen und daher ölig, während die Haut an den Armen tendenziell trockener ist. Die Achselhöhlen hingegen bieten eine feuchte und warme Umgebung. Diese Unterschiede schaffen unterschiedliche Lebensräume für das Mikrobiom, die jeweils eine spezifische Zusammensetzung aufweisen. Analog zu irdischen Klimazonen könnte man sagen, dass die Haut am Unterarm eine Wüstenlandschaft darstellt, die Kopfhaut einem kühlen Wald ähnelt und die Achselhöhle dem tropischen Regenwald entspricht.
Einflüsse auf das Hautflora
Das Hautmilieu bestimmt, welche Mikroorganismen an welchen Stellen leben können. Neben äußeren und inneren Einflüssen, die zu unterschiedlichen Hautbedingungen wie Trockenheit, Feuchtigkeit, Kälte oder Wärme führen, spielt auch die Haut selbst eine entscheidende Rolle. Die Menge an von der Haut produziertem Sebum ist ein bedeutender Faktor, da einige Mikroorganismen Sebum bevorzugen, während andere nicht darauf reagieren. Zudem beeinflussen die Substanzen, die während der Differenzierungsprozesse in der Epidermis entstehen, das Hautmilieu maßgeblich. Kosmetische Produkte können die Sebumproduktion reduzieren und die Epidermis-Differenzierung beeinflussen, was möglicherweise eine positive Auswirkung auf das Hautmilieu hat.
Die Bedeutung einer einwandfreien Differenzierung in der Epidermis wird offensichtlich, wenn dieser Prozess gestört ist, wie es bei einigen Hautkrankheiten der Fall ist. In Fällen von atopischer Dermatitis ist beispielsweise das pathogene Bakterium Staphylococcus aureus in erhöhter Anzahl vorhanden, was wesentlich zur Pathophysiologie der Erkrankung beiträgt. Weitere Einflüsse wie Alterung, Lebensstil, Ernährung und Hautpflege werden ebenfalls in der wissenschaftlichen Literatur diskutiert. Diese Aspekte sind besonders interessant im Kontext der Entwicklung kosmetischer Produkte. Es wäre denkbar, eine „Anti-Aging“-Hautpflege zu entwickeln, die das Hautmilieu verjüngt.
Neuere Literatur erwähnt auch die „zeitliche Stabilität“ des Hautmikrobioms, was bedeutet, dass es trotz der genannten Einflüsse über einen längeren Zeitraum erstaunlich stabil ist. Die Frage, die sich Kosmetikwissenschaftler stellen, lautet: Wie können wir das Hautmilieu im Rahmen der Kosmetik stabilisieren oder verbessern? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir die Symbiose zwischen einem gesunden Mikrobiom und gesunder Haut genauer betrachten.
Der Hautpflegemarkt verzeichnet ein wachsendes Interesse der Verbraucher an „gesunder Haut“. Verbraucher legen verstärkt Wert darauf, dass ihre Haut gesund aussieht und sich auch so anfühlt, da eine gesund aussehende Haut als attraktiv gilt. Diese positive Einstellungsänderung erklärt wahrscheinlich auch, warum das Thema Mikrobiom in der Kosmetikindustrie zunehmend an Bedeutung gewinnt.
“Gesunde” Haut hat ein “gesundes” Mikrobiom
Was bedeutet gesunde Haut? Die Antwort auf diese Frage liegt in der Epidermis. Die oberste Schicht der Haut ist in hohem Maße dynamisch und intelligent. Hunderte verschiedenartiger Moleküle (Proteine, Enzyme, Lipide, etc.) werden in der Epidermis gebildet. Sie halten das Stratum corneum und die Immunabwehr der Haut stark und gesund. Das Stratum corneum ist die Barriere zwischen dem Körper und der äußeren Umgebung. Sein Zustand ist für viele kosmetischen Aspekte der Haut entscheidend: gesundes Aussehen (rosig, ebenmäßig, attraktiv, etc.), angenehmes Hautgefühl (weich, glatt, elastisch, etc.). Das Mikrobiom befindet sich auf und im Stratum corneum. Im Laufe der Differenzierungsvorgänge in der Epidermis werden Substanzen gebildet, die für die Bildung des Hautfloras erforderlich sind. Zu ihnen gehören u.a. Moleküle, die den pH-Wert regulieren, (ein pH-Wert von ca. 5 an der Hautoberfläche ist für ein “gesundes“ Mikrobiom ideal) und antimikrobielle Peptide (töten pathogene Mikroben). Eine einwandfrei (“gesund“) funktionierende Haut (Epidermis) ist in der Lage, alle Bestandteile, die für ein “gesundes“ Mikrobiom erforderlich sind, zu bilden. Die Mikroorganismen, die auf der Haut leben, interagieren mit den Hautzellen, um ein Milieu aufrechtzuerhalten/ herzustellen, das für sie günstig ist. Ein “gesundes” Mikrobiom ist gut für eine “gesunde” Haut und umgekehrt. Wir leben in Homöostase miteinander; das ist das Wesen einer symbiotischen Beziehung. Welche der Beteiligten ist führend in der Beziehung? Es ist die Haut. Wenn die Differenzierung in der Epidermis ordnungsgemäß verläuft (d.h. wenn die Haut gesund ist), ist auch ihr Mikrobiom gesund. Bei den Hautkrankheiten atopische Dermatitis, Rosacea und Psoriasis ist der Differenzierungsprozess in der Epidermis gestört. Die Folge sind Veränderungen im Hautflora. Alle drei Hautkrankheiten gehen mit Veränderungen des Mikrobioms einher. S. aureus besiedelt die Haut beispielsweise bei atopischer Dermatitis und ist Teil der Pathophysiologie. (S. aureus löst Entzündungen in der Haut aus. Die Zunahme von S. aureus wird mit den Schüben bei atopischer Dermatitis in Verbindung gebracht.) S. aureus braucht einen pH-Wert von ca. 7; aufgrund der Fehler in den Differenzierungsprozessen in der Epidermis der atopischen Haut, liegt der pH-Wert bei 7.
Formulierungen für die Hautflora
Bei der Formulierung eines kosmetischen Produkts, das auch für das Hautmikrobiom ideal ist, müssen viele unvermeidliche Einflüsse berücksichtigt werden, denen das Mikrobiom ausgesetzt ist. Zum Beispiel das individuelle Hautpflegeverhalten, das Vorhandensein antimikrobieller Bestandteile (Konservierungsstoffe) in kosmetischen Produkten oder der pH-Wert kosmetischer Mittel. Auch die Umgebung, in der wir leben (Land oder Stadt), beeinflusst die Zusammensetzung des Hautmikrobioms. Fortwährend gehen Mikroorganismen von der Haut verloren, sei es durch Rasieren, Reiben der Kleidung oder vor allem durch die Abschuppung toter Hautzellen. Hunderte Millionen toter Zellen werden täglich von der Haut abgestoßen, zusammen mit Milliarden von Mikroorganismen. Trotz der fortwährenden Entfernung oder Abtötung von Mikroorganismen von der Hautoberfläche bleibt die Zusammensetzung des Mikrobioms bemerkenswert stabil. Wie wissenschaftliche Arbeiten bestätigen, haben selbst Antibiotika und Antiseptika nur einen begrenzten Einfluss auf seine Stabilität. Solche Substanzen töten zwar Mikroorganismen ab, jedoch erholen sie sich schnell. Innerhalb einer erstaunlich kurzen Zeit baut sich das Hautmikrobiom wieder auf, ebenso wie unter dem Einfluss anderer genannter Faktoren.
Das Hautmikrobiom erneuert sich selbst, ebenso wie die Haut
Um kosmetische Produkte zu entwickeln, die für das Hautmikrobiom nützlich sind, müssen wir die Grundlagen der oben beschriebenen Vorgänge verstehen. Warum ist das Mikrobiom trotz all dieser unvermeidlichen Einflüsse so robust? Warum erholt es sich so schnell, selbst nach dem Kontakt mit Antiseptika? Eine wissenschaftliche Erkenntnis liefert die Antwort: Die Mikroorganismen besiedeln nicht nur die Hautoberfläche, sondern leben auch in der Haut. Sie siedeln sich im Stratum corneum an, insbesondere in der oberen Hälfte, dem Stratum disjunctum. Hier werden die Korneodesmosomen zwischen den abgestorbenen Hornzellen, den Korneozyten, aufgelöst. Die Haut „öffnet“ sich und ermöglicht den Mikroben, sich im Stratum disjunctum zwischen den Korneozyten anzusiedeln. Die Epidermis erneuert sich kontinuierlich, und ihre Differenzierungsprozesse befinden sich im Gleichgewicht mit der Bildung neuer Zellen (Proliferation) in der untersten Schicht der Epidermis. Von ihrer Bildungsstätte in der untersten Schicht bis zur Hautoberfläche durchlaufen die Zellen einen Prozess von etwa vier Wochen. Sobald sie die Hautoberfläche erreichen und als abgestorbene Hornzellen/Korneozyten vorliegen, werden sie als Schüppchen von der Hautoberfläche abgestoßen. Die Mikroorganismen im Stratum disjunctum bewegen sich zusammen mit den Korneozyten zur Hautoberfläche und werden ebenfalls abgestoßen oder abgetötet. Wie die Epidermis erneuert sich also auch das Mikrobiom kontinuierlich durch die Prozesse des Absterbens und Abstoßens, wobei die eigentliche „Quelle“ des Hautmikrobioms im Stratum corneum, unter dem Stratum disjunctum, liegt.
Es überrascht daher nicht, dass es nicht in erster Linie darum geht, wie wir das Mikrobiom auf der Hautoberfläche beeinflussen können. Es macht wenig Sinn, Mikroorganismen, die abgestoßen, abgerieben oder abgetötet werden, zu beeinflussen, beispielsweise durch präbiotische Substanzen. Effizienter und nachhaltiger ist es, sich auf den „Ursprung“ im Stratum corneum zu konzentrieren, da hier die eigentliche „Quelle“ des Mikrobioms liegt. In Anbetracht der engen Verknüpfung zwischen Haut und Mikrobiom, die eine physische Einheit darstellen, ist es nicht verwunderlich, dass die Differenzierungsprozesse in der Epidermis für das Hautmikrobiom so wichtig sind. Wenn diese Prozesse einwandfrei funktionieren, garantieren sie die Qualität und Gesundheit des Mikrobioms an seinem „Ursprung“. Maßnahmen, die an der Oberfläche ansetzen, bleiben dementsprechend auch mit ihren Ergebnissen an der Oberfläche.
Unser Fazit
Es macht Sinn, das Hautflora zu beeinflussen. Die Wissenschaft beschäftigt sich erst seit kurzem mit dem Thema. Viele Fragen sind noch offen. Ein vielversprechender Ansatz scheint die Optimierung der Differenzierungsprozesse in der Epidermis zu sein. Nur wenn sie gut funktionieren, kann das Mikrobiom dauerhaft gesund bleiben. Viele kosmetisch relevanten Hautzustände sind durch gestörte Differenzierungsprozesse in der Epidermis gekennzeichnet. Fragen Sie uns gerne an, wenn wir ein solche Produkt für Ihre Marke entwickeln sollen.
Quellen:
Publikation 15.6.2022 Haut-Mikrobiom und Kosmetik – eine Bestandsaufnahme; Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche und angewandte Kosmetik e.V. (DGK) www.sgk-ev.de/wp-content/uploads/2022/06/Microbiom
Skin Barrier Function and the Microbiome.; Int J Mol Sci. 2022 Oct 28;23(21):13071.
Microbiome and Probiotics in Acne Vulgaris-A Narrative Review.; Life (Basel). 2022 Mar 15;12(3):422.
Probiotics in Cosmetic and Personal Care Products: Trends and Challenges.; Molecules. 2021 Feb 26;26(5):1249.